Berichte

Jahresberichte - Exkursionen.
Jahresbericht des Ortsbeauftragten für den Vogelschutz für die Gemeinde Einhausen


Berichtsjahr 2010

Bericht des Beauftragten für den Vogelschutz für Hessen, Rheinland-Pfalz das Saarland und für die Gemeinde Einhausen zum Vortrag in der Jahreshauptversammlung des Vogelschutz- und –liebhabervereins Einhausen am 21.01.2011

Anders als in den Vorjahren habe ich mich dieses Mal für den reinen Vortrag entschieden und Bilder nicht vorbereitet. Ich möchte mich durch das Berichtsjahr hangeln und die Besonderheiten vorstellen. Einen breiten Raum nehmen derzeit die Winter ein. Im letzten Winter 2009/2010 der lang anhaltende Frost, in diesem Winter die lang gebliebene Schneedecke. Was noch kommen wird, kann keiner es sagen. Winterfütterung ist dabei sehr wichtig, denn sowohl Frost als auch Schnee machen den bei uns gebliebenen Vögeln das Leben schwer. Früher war das anders, an Winterfütterung dachte nur der, der sich damit zunächst selbst eine Freude bereiten wollte.

Die Ackerflächen waren lange nicht alle umgebrochen. Der Bauer mit seinem Pflug, früher noch von Ochsen, Kühen oder Pferden gezogen, war nicht in der Lage, alles vorhandene Land umzubrechen, es blieb genug für die Tiere und Vögel des Winters übrig. Große Bereiche waren gar nicht begehbar weil beispielsweise Moorlandschaft, die Wälder waren wenig bewirtschaftet, es blieb genug Futter an Wildkräutern stehen, mit dem die Vögel durch den Winter kamen. Heute ackern große Maschinen, eine bei uns übliche Ackerfläche erscheint klein im Gegensatz zu den eingesetzten Maschinen. Jede Ecke wird bewirtschaftet, jeder Wegesrand gleich mit umgepflügt, obwohl gar nicht zum Acker gehörend. Im Wald wird gewirtschaftet was das Zeug hergibt.

Gehen wir einmal im Winter in den Wald, sehen wir überall Störfaktoren, zumeist ist dies der Mensch. Ausgeräumte Landschaften beherrschen das Bild, allenortens Landverbrauch durch Menschenhand, Straßenbau, Baugebiete, intensive Bewirtschaftung, keine Rückzugsräume, keine Ruhe mehr - nicht mal für den Menschen selbst. Damit ist die Winterfütterung fast zur Pflichtaufgabe des Menschen geworden. Der Verein tut in dieser Richtung sehr viel. Danke an alle, die diese Aufgabe wahrnehmen und damit Ersatz für ausgefallene Nahrung anbieten. Selbst, wenn viele der gefütterten Freunde im Frühjahr andernorts ihren Nistplatz wählen, so war unsere Mühe hilfreich für die kommenden Generationen.



Der Klimawandel ist fest im Gange. Heiße Sommer, nasse Sommer, durchwachsene Sommer, strenge Winter, mal viel Schnee, mal strenger Frost, Frühjahr, wie schnell ist es vorbei und wie unstet geht die Natur mit uns um. Keine Verlässlichkeiten mehr. Das merken wir auch bei den Niederschlägen. Immer mehr sättigt sich der Boden, das Grundwasser steigt, die Flüsse fließen nicht mehr schnell genug ab, die Äcker stehen unter Wasser, Keller laufen voll, die Weschnitz hat erstmals Höchststand, die Gräben sind randvoll. Allenortens Hektik, Angst vor dem Ungewissen was vor uns liegt. Alles schon mal da gewesen, sagen die Alten. Und die Geschichte belegt, in unregelmäßigem Turnus kommt das Wasser und geht es wieder.

Man spricht von 7 Jahren auf und 7 Jahren ab. Zuletzt hatten wir 2003 den Höchststand, dann 7 Jahre ab: Aber hallo, das stimmt doch was nicht, dann müssten wir doch erst 2015 oder 2016 mit einem neuen Höchststand rechnen - oder steht uns da noch was bevor? Die Wetterforscher haben festgestellt, das Wetter reagiert heftiger. Kürzer und knackiger kommen die Unwetter und Wetterwechsel. Wir spüren es doch selbst. Und dies soll die nächsten 50 Jahre so weiter gehen! Vielleicht hilft auch eine gewisse Gleichgültigkeit, wie man sie in Wertheim gesehen hat. Sind wir halt nicht gewohnt. Vielleicht sollten wir uns darauf mehr einstellen. Jedenfalls scheinen große Aufgaben auf uns alle zuzukommen. Und wieder hat der Mensch seine Hand mit im Spiel und trägt fleißig zum Klimawandel bei. Einen Dank abstatten möchte ich an Einhausen, in der Reihenfolge den Bürgerinnen und Bürgern, von denen man oft erlebt und dies sicherlich noch öfter spürt, dass Einhäuserinnen und Einhäuser der Natur sehr verbunden sind.

Dank aber ganz besonders an Herrn Bürgermeister Bohrer und seinem Team der Verwaltung, besonders Herrn Jakob Gärtner, die stets ein offenes Ohr haben und mit denen die vergangenen Jahre etliches bewegt werden konnte. Der Gemeindevorstand unterstützt den Verein, die Natur und das Tun um unsere Umwelt sehr. Das erlebe ich als Mitglied dieses Gremiums immer wieder und freue mich hierüber sehr. Vielen Dank an meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Gemeindevorstand, dass man sich meinen Wünschen und Vorschlägen oftmals angenommen hat.



Schief gegangen ist leider im ersten Anlauf der Antrag der Gemeinde auf Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes im Bereich des Einhäuser Bruchs. Die Lobby der Jäger war sehr stark, sie war sehr uninformiert, sehr einseitig ausgerichtet und nicht teamfähig, wie man heute sagen würde. Private Belange trugen zudem noch mit dazu bei, dass die Gemeindevertretung, die anfangs den Antrag für das Landschaftsschutzgebiet selbst beschlossen und gestellt hat, diesen wieder zurück nahm. Die drei stärksten Fraktionen folgten damit dem Ansinnen eines Einzelnen und stellten das Allgemeinwohl und die Natur hinten an. Schade. Und ich brauche wohl nicht zu erklären, was ich davon halte, wenn ich nun in dem ein oder anderen Wahlprogramm der gleichen Parteien lese, dass man sich für das Ausweisen eines Schutzgebietes stark machen wird.

Späte Einsicht? Chance vertan! Hoffentlich nicht für immer.

Erste Konsequenzen sind nun Fakt: Das Regierungspräsidium hat in einer ausführlichen Stellungnahme an die Kommunen aufgeklärt, dass Windkraft immer noch den gleichen Status hat. Windkraftanlagen wären im Einhäuser Bruch demnach erlaubnisfähig. Die entworfene Landschaftsschutzgebietsverordnung sah den Ausschluss von Windkraft vor. Der Bürstädter Flugplatzbetreiber hat den Antrag gestellt, dass er uneingeschränkt starten und landen darf. Seither durfte er gesamt nur 300 Starts und Landungen im Jahr in der Nähe des Bruchs ausführen. Das überfliegen des Bruchs war verboten, woran man sich nicht hielt. Das RP will das genehmigen. Große Hektik bei den Jägern. Die entworfene Landschaftsschutzgebietsverordnung hätte eine solche Genehmigung ausgeschlossen. Auch der Abbau von oberflächennahen Bodenschätzen ist weiterhin erlaubt. Also, wenn jemand einen Kiesabbau betreiben will sollte er einen Antrag stellen.

Der neue Regionalplan weist das Einhäuser Bruch erneut eigens dafür aus. Eine Landschaftsschutzgebietsverordnung hätte dies verboten. Seit dem Januar 2010 hat die Landesregierung verfügt, dass Wiesen umgebrochen werden dürfen. Das war früher verboten. Die Landwirte setzen dies fleißig um. Eine neue Gefahr für die besondere Landschaft des Bruchs. Die entworfene Landschaftsschutz- gebietsverordnung hätte dies ausgeschlossen. Ach ja, und Zuschüsse oder Fördergelder bekommt man für Flächenkauf, Flächenunterhaltung oder sonstige Maßnahmen, in Bereichen, die nicht unter Schutz stehen, auch keine. Für was auch, wenn die Gemeinde der Meinung ist, da ist nichts schützenswertes, warum sollte man da auch noch Geld rein stecken. Also, macht weiter jeder sein eigenes Ding oder wie der Jagdpächter sagte: „Ich brauchte noch nie jemand, darin wird sich nichts ändern“. Mal schau’n, wie lange solch kernige Aussagen Gültigkeit haben.



Nun, lassen wir uns nicht entmutigen. Der große Wurf ist erst mal nicht gelungen, obwohl alle Zeichen auf Zustimmung standen und die Fachbehörden und Fachleute aus den Verbänden unsere Meinung teilten. Bleiben wir bei unserer täglichen, wöchentlichen, monatlichen und jährlichen Arbeit. Beispielsweise dem Boabachten von Vögeln. In mehreren Begehungen durch mich selbst, durch viele Hinweise aus der Bevölkerung, von den Vereinskameraden oder, wie heute üblich, auch über das internet, haben wir Daten gesammelt. Mittlerweile kann man solche über das Vogelnetzwerk ins internet einstellen, womit sie automatisch ausgewertet werden. Sehen Sie mal rein, in die homepage „naturgucker.de“. Leider sind die Berichte für Einhausen nicht so berauschend. Hie und da eine Besonderheit, wie beispielsweise Wiedehopf, Kornweihe, Kolkraben oder den Eisvogel. Aber nichts so recht Gefestigtes, bzw. keine großen Stückzahlen, schon gar kein richtiger Brutnachweis.

Alles in allem meine ich, dass wir noch einiges in der Landschaft bewegen müssen, bis das zu dauerhaften oder mengenmäßigen Erfolgen führt. Nichtsdestotrotz hat Einhausen eine große Vogelvielfalt zu bieten, wie man sie selten sieht. Im Einhäuser Bruch sind schon bei einer Begehung über 50 Vogelarten festgestellt worden, was sehr beachtlich ist. Darunter sind Raritäten, wie das Blaukehlchen, das Schwarzkehlchen, der Rotmilan und die Rohrweihe. Besonders freut mich die Ausbreitung des Steinkauzes, wie er nachgewiesen werden kann. Danke an dieser Stelle an alle Beobachter, die mich über Besonderheiten informieren, wie beispielsweise heute Heinz Diehl, der eine Beobachtung eines Raubwürgers in der Feldgemarkung meldete oder Jakob Wiegand, der mich an die gestern ziehenden Gänse erinnerte. Als Trittstein für den Vogelzug ist Einhausen wichtig. Das ganze Tal zwischen Frankfurt und Heidelberg bzw. Mannheim ist von hoher Bedeutung für den Vogelzug.

Wie auf Autobahnen spielt sich das ab, wenn man dabei ist und gezielt auf der Mülldeponie des Kreises beobachtet. Rechts vom Melibokus kommen die Ringeltauben. Nicht wenige, gar tausende. Darüber die Wanderfalken, die den Pulk begleiten und ab und an herabstoßen um sich eine Taube holen. Entlang der Bergstraßenhänge die Silberreiher, entlang dem Rhein die Bussarde, zwischen unseren Füßen hüpfen die Finken durch, die sehr bodennah wandern und den Berg überqueren und schon naht auch ein Sperber, der sich von den Menschen auf dem Buckel gar nicht beeindrucken lässt, sondern seine Beute im Visier hat. Immer wieder bin ich begeistert, was sich auf dem Müllbuckel so alles erleben lässt und so hat auch der Monte Scherbelino, wie er im Volksmund heißt, seinen Nutzen. Wer Interesse an einer Teilnahme hat, gerne bei mir melden.



Ein Ausblick auf das, was vor uns liegt: Das ist schwer zu umschreiben oder gar nicht vorher zu sagen. Der Ausbau der B47 steht nun bevor. Wie man hört, wird das Planfeststellungsverfahren diese Tage eingeleitet. Damit wird Wald zwischen Lorsch und Riedrode in großem Umfang gefällt werden. Eine zusätzliche Verlärmung die entsteht, der Genaustausch wird weiter eingeschränkt. Sicherlich wird die Planung auch wieder eine Betongleitwand vorsehen, wogegen wir massiv Einspruch einlegen müssen. Der Ausbau der A67 soll mit der Eisenbahn gemeinsam erfolgen. Auch dazu wird von Einhausen bis nach Gernsheim Wald in großem Umfang gefällt werden. Als Ausgleich sieht man hier Grünbrücken vor, die alles wieder heilen sollen. Was aber ist mit der Verlärmung, dem höheren Verkehrsaufkommen, dem Smog und den totgefahrenen Tieren. Die Eisenbahn hat ihre Pläne konkretisiert.

Sie will bei Einhausen keinen Tunnel, sie will oberirdisch fahren und die Weschnitz queren, sie wird nur den geringst notwendigen Lärmschutz bauen. Sie wird die Landschaft weiter zerschneiden und unsere Lebensqualität einschränken. Allein die Baustelle wird drei Jahre zur Abwicklung brauchen. Wir müssen mit Verkehrsaufkommen und Verkehrsbehinderungen rechnen. Neu gebaute Brücken werden abgebrochen. Viel Geld des Volkes wird dabei zerstört. Neues Geld des Volkes wird verbraucht, was man andernorts besser einsetzen hätte können. Und wofür das alles? In erster Linie für eine Fahrzeitverkürzung von wenigen Minuten für die besser gestellten Fahrgäste. Ich frage mich mittlerweile allen Ernstes, ob sich dies alles lohnt, wo man im gleichen Atemzug hört, dass die Fahrgastzahlen abnehmen werden. Selbst für die Güterzüge werden abnehmende Werte prognostiziert.



Sehr froh bin ich, dass ich in meinem Beruf für die Nachbargemeinde aktiv Naturschutz durchführen darf. Oft überschneidet sich dies mit der Einhäuser Gemarkung, gerade im Nordbereich um die Wattenheimer Brücke. So konnten im vergangenen Jahr Biotope erweitert und ausgebaut werden und im vor uns liegenden Jahr 2011 bauen wir eine Fischtreppe beim Gewässerverband, ein Knoblauchkrötenbiotop und zwei Laubfroschbiotope mit sechsstelligem Geldbetrag. Das lässt hoffen und macht sicherlich auch Freude.

Vogel des Jahres 2011 ist der Gartenrotschwanz. Unserem Hausrotschwanz recht ähnlich, aber viel farbenprächtiger, steht er für die Obstbaumlandschaften, Waldränder und Lichtungen des Waldes. Er ist viel seltener, als unser Hausrotschwanz. Wir sollten uns eine Aktion für ihn einfallen lassen.

Was ich mir wünsche: Weitere Vernetzung der Biotope. Ausbau der Gräben, Wasser in den Gräben, viel mehr Vögel, sind sie doch ein Indikator für eine intakte Natur, mehr Miteinander bzw. an einem Strang ziehen innerhalb der Gemeinde, keine Grabenkämpfe, Geld zur Schaffung bzw. zum Erhalt von Biotopen und die Zeit, das alles zu beobachten, zu begleiten, aktiv mit zu schaffen und sich daran zu erfreuen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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